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Forcierte Säkularität

eBook - Religiöser Wandel und Generationendynamik im Osten Deutschlands

Erschienen am 05.10.2009, 1. Auflage 2009
29,99 €
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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783593407531
Sprache: Deutsch
Umfang: 375 S., 5.40 MB
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Format: PDF
DRM: Digitales Wasserzeichen

Beschreibung

Wer die Religionslosigkeit der ostdeutschen Gesellschaft und die Säkularität ihrer Bürger begreifen will, muss sich neben der Religionspolitik der SED auch der Aneignung dieser Politik durch Individuen und Familien zuwenden. Auf der Basis von Interviews mit drei Generationen zeigen die Autorinnen und der Autor dieses Buches, in welcher Weise die Auseinandersetzung mit Religion in die grundlegende Konflikthaftigkeit des Lebens in der DDR eingebettet war. Es wird deutlich, welchen Spannungen kirchlich gebundene Menschen ausgesetzt waren, aber auch, in welchem Maße in Familien säkulare Traditionen geschaffen wurden. Nicht zuletzt in der jüngsten Generation lässt sich jedoch in Absetzung davon ein neu erwachtes Interesse an Religion ausmachen.

Autorenportrait

Monika Wohlrab-Sahr ist Professorin für Kultursoziologie im Bereich Kulturwissenschaften an der Universität Leipzig. Uta Karstein und Dr. Thomas Schmidt-Lux sind dort wissenschaftliche Mitarbeiter.

Leseprobe

1. Einleitung: Säkularität und Religiosität im Osten Deutschlands - Zur Logik der Aneignung forcierter Säkularisierung 1.1 Säkularisierung im Osten Deutschlands: Ein erfolgreiches ExperimentIm Hinblick auf den Prozess der Säkularisierung erscheint die Entwicklung im Osten Deutschlands wie ein riesiges Experiment, das in relativ kurzer Zeit unter Realbedingungen durchgeführt wurde. Im ersten Teil des Experiments ging es darum, wie und in welchem Maße es dem Staat gelingen würde, die kirchlichen und religiösen Bindungen und Überzeugungen der Bevölkerung zu minimieren. Vor diesem Hintergrund erscheint der Prozess, der gegenwärtig im Gange ist, wie der zweite Teil des Experiments: Die Frage ist nun, was geschieht, nachdem die säkularistische Politik an ihr Ende gekommen ist. Was den ersten Teil des Experiments angeht, steht dessen Erfolg außer Zweifel: Es ist dem Staat gelungen, Kirchenmitgliedschaft, religiöse Praxis und Glaubensüberzeugungen der Bewohner auf einen weltweiten Tiefstand zu bringen. Ostdeutschland gehört zu den Regionen mit der niedrigsten Rate der Kirchenmitgliedschaft und dem höchsten Anteil von Personen, die sich selbst als "Atheisten" bezeichnen (Zulehner/Denz 1994; Tomka/Zulehner 1999: 27; 2000). Im Hinblick auf die gegenwärtige Entwicklung - um im Bild zu bleiben: den zweiten Teil des Experiments - ist zu sagen, dass die Politik des Staates auch insofern erfolgreich war, als es ihr gelang, einen dauerhaften Effekt zu erzeugen. Was einige Beobachter, insbesondere aus dem kirchlichen Bereich, nach der deutschen Vereinigung erwarteten, dass nämlich Sekten und religiöse Bewegungen die ostdeutsche Bevölkerung überfluten und verführen würden - eine Bevölkerung, die als gleichermaßen bedürftig nach Religion wie als unfähig angesehen wurde, die diversen Angebote zu beurteilen - trat offensichtlich nicht ein. Zwar hat sich die religiöse Landschaft in Ostdeutschland seit der Wiedervereinigung merklich pluralisiert - gemessen an den verschiedenen Gruppierungen, die mittlerweile Dependancen in ostdeutschen Städten haben (vgl. zum Beispiel re.form leipzig 2003) - dennoch scheint dieser Landstrich von der vielfach beschworenen "Wiederkehr der Religion" (Graf 2004) insgesamt wenig berührt. Lediglich in den jüngeren Altersgruppen stellt sich die Sache mittlerweile etwas anders dar. Das lenkt die Aufmerksamkeit auf mögliche Generationenunterschiede und deren Dynamiken.Durch die hartnäckige Säkularität des Ostens hat sich nach der Vereinigung auch die religiöse Verteilung in Gesamtdeutschland verschoben: Ein stabiles Drittel der Deutschen ist heute konfessionslos und - wenn auch damit nicht ganz deckungsgleich - etwa ein Drittel der Deutschen kann man auch als dezidiert "nicht religiös" bezeichnen (Wohlrab-Sahr 2009). Die Religionspolitik der SED scheint daher - was ihre langfristigen Folgen angeht - eines der erfolgreichsten Projekte der ehemaligen DDR gewesen zu sein. Das Experiment der nachhaltigen Säkularisierung scheint gelungen. Aber gibt es dann überhaupt noch etwas zu verstehen?

Inhalt

InhaltVorwort111. Einleitung: Säkularität und Religiosität im Osten Deutschlands - Zur Logik der Aneignung forcierter Säkularisierung131.1 Säkularisierung im Osten Deutschlands: Ein "erfolgreiches" Experiment131.2 Forcierte Säkularisierung und deren subjektive Aneignung141.3 Subjektive und familiale Logiken des Säkularisierungsprozesses181.4 Familien als Schnittpunkte gesellschaftlicher Generationenverhältnisse201.5 Kulturelle Semantiken im religiös-weltanschaulichen Feld231.6 Religiosität und Generationendynamik262. Forschungspraxis und Methoden292.1 Forschung nach dem Systemumbruch - Methodische Überlegungen zur Erschließung der Lebensrealität in der DDR und in Ostdeutschland292.2 Vertrautheit, Distanz und Vertrauenswürdigkeit im Interview312.3 Verschränkung von Individual-, Familien- und Generationenperspektive: Das biographische Familieninterview362.3.1 Familienkommunikation im Interview372.3.2 Rekrutierung von Familien und Einzelpersonen für Interviews432.3.3 Zum Ablauf des Familieninterviews452.4 Biographische Einzelinterviews als weitere Erhebungsform502.5 Fragen des Samplings512.6 Zur Auswertung532.7 Zur Darstellung553. Generationenbeziehung und Familienkommunikation573.1 Der Generationenansatz593.1.1 Generation als historische Generation593.1.2 Generation als familiale Generation643.2 Gesellschaftliche und familiale Generationen in Ostdeutschland673.3 Generation als kulturelles Deutungsmuster - Zur Verknüpfung des familialen und historischen Generationenkonzeptes733.4 Generationenverhältnisse in der Familienkommunikation743.4.1 Familienkommunikation als Repräsentation familialer Geschlossenheit773.4.2 Generationendifferenzen und ihre kommunikative Bearbeitung833.4.3 Diskontinuitäten und Konflikte - Problematisierung von Differenz1083.5 Fazit1144. Religion im Konflikt: Ostdeutsche Familien zwischen Säkularisierung, kirchlicher Tradition und religiöser Neuorientierung1174.1. Bestandsaufnahme der religiösen Entwicklung in der DDR und in Ostdeutschland1174.2. Konfliktmodell des ostdeutschen Säkularisierungsprozesses1204.2.1 Die ostdeutsche Säkularisierung als Problem der Religionssoziologie 1204.2.2 Konflikttheoretische Perspektiven in der Religionssoziologie 1254.2.3 Säkularisierung als Konflikt: Das Modell1284.2.4 Säkularisierung als Konflikt: Der Fall der DDR1314.3. Säkularisierungsprozesse in ostdeutschen Familien1374.3.1 Konflikt um Mitgliedschaft und rituelle Partizipation1394.3.2 Konflikt um Weltdeutungen1474.3.3 Konflikt um Ethik und Moral1544.3.4 Veränderung der Konfliktlinien in den Generationslagerungen1584.3.5 Sicherung der Säkularität nach 19891644.4. Zwischen "Durchhalten" und "Jetzt erst recht". Strategien der Aufrechterhaltung von Religiositätund Kirchenbindung in der DDR1674.4.1 Erhaltung und Behauptung der Kirchenbindung1684.4.2 Zuwendung zur Kirche aufgrund ihrer politischen Rolle in der DDR1794.4.3 Kirche und Kirchenbindung nach 19891854.5 Fazit1935. "Was glauben Sie, kommt nach dem Tod?" - Große Transzendenz in der postsozialistischen Gesellschaft(mit Christine Schaumburg)1975.1 Große Transzendenz in säkularisierten Kontexten1975.2 "Was glauben Sie, kommt nach dem Tod?" 2005.2.1 Christlich geprägte Semantiken: Vom Auferstehungsglauben zum "Offenlassen" der Möglichkeit eines Lebens nach dem Tode2045.2.2 Atheistische Semantiken: Vom Ende der Person zum biologischen Kreislauf 2075.2.3 Agnostische Spiritualität: Analogieschlüsse, Plausibilitäten, Semantiken2125.3 Agnostische Spiritualität: Transzendente Orientierungen auf dem philosophisch-weltanschaulichen Markt2236. Religiöse Neuorientierungen in der jüngsten Generation (mit Anja Frank)2256.1 Ausgangslage2256.2 Religiöse Neuorientierungen im Postsozialismus2306.2.1 Religion als Kulturgut, Mythos und ästhetische Erfahrung2316.2.

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Religion in Ostdeutschland

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